25 Jahre Museum Kirche zum Heiligen Kreuz
Erinnerungen an die Eröffnung 1999
Es war am 12. Juni 1999, vor 25 Jahren, als Oberbürgermeister Jürgen Kloß im Rahmen einer Festveranstaltung symbolisch den von Goldschmiedemeister Baldauf gefertigten vergoldeten Schlüssel für die aufwändig sanierte Kreuzkirche übergab, die von nun an als Museum für das Große Zittauer Fastentuch dienen sollte. Das kostbare Tuch hatte nach einer unglaublichen Odyssee endlich eine dauerhafte Heimstatt gefunden.
Nach der Festveranstaltung durften alle Zittauer ihr Fastentuch eintrittsfrei bewundern. Es regnete in Strömen. Trotzdem bildete sich eine riesige Warteschlange, die bis zum Klienebergerplatz reichte.
Das Große Zittauer Fastentuch ist eine Votivgabe des Zittauer Gewürz- und Getreidehändlers Jacob Gürtler, der sich am linken unteren Rand vor einem Tisch mit Gewürzsäckchen und einer Waage in der Hand abbilden ließ. Von 1472 bis 1672 verdeckte es jedes Jahr zwischen Aschermittwoch und dem Karsamstag den Altarraum der Zittauer Hauptkirche St. Johannis. Es zählt es mit 6,80 m Breite und 8,20 m Höhe zu den ältesten und größten überhaupt. Schachbrettartig in zehn Zeilen mit je neun Feldern eingeteilt, zeigt es 90 Motive aus der biblischen Geschichte von der Erschaffung der Welt bis hin zum Jüngsten Gericht. 45 Bilder sind dem Alten Testament und 39 dem Neuen zuzuordnen. Sechs stammen aus den
Apokryphen und erzählen Mariengeschichten.
Der größte Schatz der Zittauer Sammlungen
Mit dem mysteriösen Wiederauffinden des lange verschollen geglaubten Großen Zittauer Fastentuches hinter einem Bücherregal der Ratsbibliothek, fand es 1840 Eingang in die Zittauer Sammlungen. Dass man es bereits damals als einen ganz besonderen Schatz betrachtete, ersieht man schon daraus, dass der "Königlich Sächsische Verein zur Erforschung und Erhaltung vaterländischer Altertümer" das großartige Kunstwerk 1842 nach Dresden holte und 34 Jahre lang in seinem Museum ausstellte. In der kunstgeschichtlichen Literatur galt es lange Zeit als das Beispiel für Fastentücher schlechthin und fand Eingang in die kunstgeschichtliche Literatur bis hin in die allgemeinen Lexika. Ohne weitere Kostbarkeiten der Zittauer Sammlungen gering zu schätzen, ist das Große Zittauer Fastentuch zweifellos ihr wertvollstes Stück. Als einziges seiner Art in Deutschland und wohl bedeutendstes von nur 18 vollständig erhalten gebliebenen Tüchern dieses Typs, ist es zweifellos von europäischem Rang. In der Fachwelt wird es inzwischen mit dem berühmten Historienteppich von Bayeux verglichen, der auf 70 Metern die Eroberung Englands durch die Normannen im Jahre 1066 zeigt.
Nachdem die Leidensgeschichte des Großen Zittauer Fastentuches im Mai/Juni 1945 und die spektakuläre Restaurierung durch die Abegg-Stiftung in Riggisberg (Schweiz) in den 1990er Jahren durch die Medien gegangen war, erfuhr das Thema „Fastentücher“ eine regelrechte Renaissance. Weitere verschollene Tücher wurden entdeckt, andere restauriert und neue
geschaffen. Seit der Eröffnung des Museums Kirche zum Heiligen Kreuz – Großes Zittauer Fastentuch am 12. Juni 1999 erkannte die Sächsische Landestelle für Museumswesen den Städtischen Museen Zittau Bundes- und Landesbedeutung zu.
Das Fastentuch ist aber nicht nur der bedeutendste Schatz der Zittauer Museen. Es hat auch zur Bereicherung der Sammlungen beigetragen. So entschloss sich die Abegg-Stiftung, auch das Kleine Zittauer Fastentuch aus dem Jahre 1573 unentgeltlich zu restaurieren. Als beide Tücher 1996 mit großem Medienecho in der Kölner Kirche und Kunststation St. Peter gezeigt wurden, zogen sie auch Wolfgang Sternling in ihren Bann. Die Erfolgsgeschichte bewog ihn, seine Sammlung zum Thema Christuskreuz und Christusbild den Städtischen Museen Zittau zu schenken. Sie bereicherte den Fundus um mehr als 1.500 Kunstwerke, darunter Plastiken, Skulpturen, Malerei, Grafik und Goldschmiedearbeiten. Auch für die Hebung des Zittauer Epitaphienschatzes war die Strahlkraft der Fastentücher nicht unerheblich und Georg Baselitz hätte sein Tuch „Anna selbtritt“ wohl kaum in der Zittauer Klosterkirche ausgestellt, wäre die Stadt nicht durch ihre Fastentücher weit über Deutschland hinaus bekannt geworden.
Chancen für Tourismus und Imagegewinn
Im September 1994 referierte Dr. Mechthild Flury-Lemberg, die Leiterin der Restaurierungswerkstatt der Abegg-Stiftung, in einem öffentlichen Vortrag zum Thema „Die Zittauer Fastentücher zur Kur in der Schweiz“. Dabei verglich sie die Bedeutung der Tücher für unsere Stadt mit der der Mona Lisa für Paris. Als am 6. Mai 1995 in Riggisberg die Sonderausstellung "Meisterwerke der Textilkunst" mit den beiden Zittauer Fastentüchern eröffnet wurde, war auch der deutsche Botschafter zugegen. Sichtlich bewegt argumentierte der Diplomat gegenüber Oberbürgermeister Jürgen Kloß in ähnlicher Weise, wie das Mechthild Flury-Lemberg getan hatte. Auch er verwies auf die Chancen für die Entwicklung
des Tourismus, die die Fastentücher für Zittau – ähnlich wie die Uta für Naumburg, der Isenheimer Altar für Colmar oder der Historienteppich für Bayeux – eröffnen könnten.
Mit diesen starken Magneten des Kulturtourismus kann sich Zittau noch nicht messen. Aber die Zahl der Gäste, die die Zittauer Tücher seit 1995 gesehen haben, nähert sich der eine Million Marke. Zwar ist der große Besucherstrom der ersten Jahre etwas abgeebbt, aber es kommen jedes Jahr immer noch mehr, als die Kernstadt Einwohner hat. Und sie kommen aus ganz Deutschland und weit darüber hinaus. Wie der Botschafter damals vorausgesagt hatte, wirken die Fastentücher auch als Wirtschaftsfaktor. Ökonomen rechnen mit 25 EUR, die ein Tagestourist an Umsatz bringt; übernachtet er, werden 75 EUR angesetzt (sog. Umwegrentabilität von Kultureinrichtungen). Legt man lediglich den Satz eines Tagestouristen zugrunde, so setzten allein die seit 1999 gezählten rund 700.000 Besucher des Museums Kirche zum Heiligen Kreuz (davon kommen übrigens 20 Prozent aus dem Ausland) fast 18 Mio. EUR um. Das sind im Durchschnitt mehr als 700.000 Euro pro Jahr.
Davon profitieren neben den Städtischen Museen vor allem Reiseveranstalter, Gästeführer, Hotels, Gaststätten, Souvenirläden, Tankstellen u.a.
Nicht weniger wertvoll ist der Imagegewinn, den die Städtischen Museen im Verbund mit weiteren touristischen Angeboten wie Via Sacra, Jakobsweg, Neiße-Oder Radweg, Naturpark Zittauer Gebirge, Schmalspurbahn, Trixi Park oder Oberlausitzer Bergweg nicht nur für Zittau sondern für die gesamte Region erbringen. So haben die Fastentücher dazu beigetragen, die Stadt bekannter zu machen und zwar weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Ein Blick in die Gästebücher mag das verdeutlichen: „Haben das Große Zittauer Fastentuch besucht, großartig, phantastisch, gehört u.E.
unbedingt ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen, analog dem Teppich von Bayeux in Nordfrankreich“
„Ein wunderbarer Ausflug am Wochenende, ein Beispiel hoher Sächsischer Baukunst, ein unschätzbares wertvolles Stück sakraler Kultur…, dazu noch ein so freundlicher, fachkundiger und heimatverbundener Führer. Die Welt sollte nach Zittau kommen und staunen. Wir haben es genossen!“
„This is our second visit in Zittau by bicycle, but for the first time we have been able to visit this wonderful museum. We hope to visit it again!”
„Ich bin 75 Jahre und bin viermal auf dem Jakobsweg in Santiago angekommen, aber dieses Fastentuch hat mich überwältigt.“
Diese und viele weitere begeisterte Einträge verdanken wir nicht zuletzt dem großartigen Einsatz des Personals des Vereins Zittauer Fastentücher e.V., der das Museum Kirche zum Heiligen Kreuz seit 2005 betreibt. Mit großem Engagement, Freundlichkeit und Kompetenz versehen die Mitglieder des Vorstandes, die Fastentuchführer/innen, die Kassen- und Reinigungskräfte sowie die für die Pflege des Kirchhofes zuständigen Mitarbeiter/innen für einen geringen Lohn und mit vielen ehrenamtlichen Stunden ihren Dienst. Über den Museumsbetrieb hinaus organisiert der Verein Veranstaltungen – von der „Dreitücherfahrt“, der Reihe „Denk mal am Fastentuch…“ bis hin zu Konzerten und Vorträgen. Seit vielen Jahren sorgt er dafür, dass die Botschaft der Zittauer Fastentücher in Form einer Wanderausstellung deutschland- und europaweit verbreitet wird. Die Schau war bereits an vielen Orten zu sehen, so zum Beispiel in Brüssel, Turin, Rom, Pistoia, Berlin, Prag, Dresden, Essen, Würzburg, Frankfurt (Oder), Görlitz, Cottbus, Reutlingen, Liberec/Reichenberg Jablonec n.N./Gablonz, Wrocław/Breslau, Jelenia Góra/Hirschberg und Krzeszów/Grüssau,
Osnabrück, Lingen, Hannover, Salzwedel. Sie reiste nach Holland zur Brüdergemeine in Zeist und nach Naarden ins Comenius-Museum. Sogar im Heiligen Land konnte sie gezeigt werden, so in der evangelischen Himmelfahrtskirche auf dem Ölberg und in der katholischen Dormitio Abtei in Jerusalem sowie im Kibbuz Yad Hashmona (Judäa).
Programm zum 25-jährigen Jubiläum
Der Verein Zittauer Fastentücher e.V. bereitet das Jubiläum gemeinsam mit den Städtischen Museen sowie der Stadt Zittau vor und plant folgendes Programm:
12. Juni freier Eintritt für alle Besucher
15. Juni Besuch des Vereins für Sächsische Landesgeschichte e.V.
(vormals "Königlich Sächsische Verein zur Erforschung und Erhaltung vaterländischer Altertümer") anlässlich seines 200-jährigen Gründungsjubiläums. Von 1842 bis 1876 war das Große Zittauer Fastentuch in dessen Museum im Palais des Großen Gartens ausgestellt.
22. Juni Jubiläumsveranstaltung für geladene Gäste
- Begrüßung durch Andreas Johne, Vorstandsvorsitzender des VZF e.V.
- Festrede: Oberbürgermeister Thomas Zenker
- Grußansprachen: Dr. Stephan Meyer (Landrat) und Prof. Dr. Friedhelm Mennekes S.J. (Philosophisch-Theologische Hochschule St. Georgen, Frankfurt/Main)
- Konzert des Liberecer Chores Rossex
- Empfang des Oberbürgermeisters im Bürgersaal des Rathauses
Museum Kirche zum Heiligen Kreuz
Großes Zittauer Fastentuch (1472)
Frauenstraße 23, D-02763 Zittau
Geöffnet vom 1. November bis Palmsonntag
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 17.00 Uhr
danach täglich 10.00 bis 17.00 Uhr
Tel: 03583-500 89 20, Fax 03583-500 89 16
www.zittauer-fastentuecher.de
info@zittauer-Fastentuecher.de
Öffentlichkeitsarbeit
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Tel: 03583-500 89 20
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