Der Zittauer Epitaphienschatz

Mit der Eröffnung der Sonderausstellung "Ganz anders. Die Reformation in der Oberlausitz" am 30.7.2017 wurde zeitgleich der frisch restaurierte Zittauer Epitaphienschatz erstmals in der der Klosterkirche präsentiert. Die Epitaphien der Kloster- und Kreuzkirche sind neuer Teil der Dauerausstellung und bleiben unter dem Titel "Hoffen. Protzen. Trauern. Der Zittauer Epitaphienschatz" bestehen.

Epitaph für Michael Weise, 1615

Die Zittauer des 16. bis 18. Jahrhunderts schenkten dem Gedenken an die verstorbenen Familienmitglieder große Aufmerksamkeit. Nicht nur die wohlhabenden Kaufleute, sondern auch einfache Handwerker ließen in den Zittauer Kirchen reich gestaltete und mit Bildern versehene Grabdenkmäler errichten. Die Gedenktafeln, die an Verstorbene erinnern, werden als Epitaphien bezeichnet. In den Zittauer Kirchen hingen früher rund 160 Epitaphien unterschiedlicher Größe. Davon sind etwa 80 ganz oder teilweise erhalten geblieben und nunmehr überwiegend in der Klosterkirche und in der Kreuzkirche versammelt. Der „Zittauer Epitaphienschatz“ ist die größte Sammlung von Bildepitaphien im mittel- und ostdeutschen Raum. Die Bildwerke geben einen Einblick in die Glaubensvorstellungen der evangelisch-lutherischen Bürgerschaft Zittaus nach Einführung der Reformation.

Ein Großteil der Epitaphien findet sich in der Datenbank auf www.museum-digital.de

Ein Epitaph (von griechisch ἐπιτάφιον bzw. lateinisch epitaphium, „zum Grab gehörend“) ist eine Gedenktafel, die einem Verstorbenen bzw. seiner Familie gewidmet wurde. Die Epitaphien wurden in den Innenräumen der Kirchen aufgehängt oder aufgestellt. Meist bedeckten sie die Wände und die Pfeiler. Das Epitaph konnte schon zu Lebzeiten angefertigt werden oder wurde nach dem Tod eines Familienmitglieds vom Ehepartner oder von den Kindern gestiftet. Es musste nicht zwingend in der Nähe des Bestattungsortes aufgestellt werden, sondern wurde dort angebracht, wo sich die Nachwelt an die Verstorbenen erinnern sollte.

Epitaph für Matthes Lange, 1611

Die Bilder und Inschriften der Epitaphien haben eine „himmlische“ Botschaft. Sie drücken den Wunsch aus, dass die Menschen nach ihrem Tod in das Reich Gottes gelangen und eines Tages, zum Jüngsten Gericht, wieder auferstehen. Damit verbunden war die Hoffnung, dass sich die Familienmitglieder nach ihrem Tod in der himmlischen Welt wiedersehen und über ihren individuellen Tod hinaus miteinander verbunden bleiben. Die Botschaft richtete sich nicht nur an die Angehörigen, sondern an die gesamte christliche Gemeinde. Bilder und Bibelzitate ermutigen die Betrachter, durch rechten Glauben und richtiges Handeln das ewige Leben im Reich Gottes erlangen. Dabei scheint in Bildthemen und Inschriften eine Jenseitsfreude auf, die sich auf die Überzeugung gründet, dass der Glaube an Jesus Christus auch sündige Menschen in das Reich Gottes eingehen lässt.

Epitaph für Agnes Rittner, 1636

Die Epitaphien verdeutlichen in ihrer Gesamtheit das kollektive Bewusstsein der Zittauer Bürger des 16. bis 18. Jahrhunderts, Teil einer rechtschaffenden, christlichen, genauer gesagt evangelisch-lutherischen Gemeinde zu sein. Sie zeigen das Selbstbewusstsein der Lutheraner, den rechten Glauben zu vertreten und zu leben, der ein jenseitiges Leben im Reich Gottes garantiert. Zugleich waren die Epitaphien auch Ausdruck sozialer Abgrenzung. Sie machten deutlich, dass sich es bestimmte Familien leisten konnten, ein Teil ihres Vermögens zur Errichtung von Grabdenkmälern zu verwenden. Vor allem einfache Handwerkerfamilien demonstrierten so ihren sozialen Aufstieg.

Epitaph für Peter Moritz von Prittwitz, 1685

JOHANN CHRISTIAN KÖRNER, 1729

Ursprünglicher Standort: Kreuzkirche

Lebensdaten: Johann Christian Körner 1658–1712
Anna Dorothea Körner 1654–1729, Ehefrau
Christian Körner 1684–1725, Sohn

Bei diesem Highlight der Zittauer Kreuzkirche handelt es sich um ein monumentales, durch zahlreiche reich bewegte Skulpturen und kräftige architektonische Gestaltung dominiertes Epitaph. Das Mittelfeld wird von zwei Säulen mit Kapitellen gerahmt. Es folgen Kartuschen mit Bandelwerk. Sie fassen das ovale Mittelfeld ein, das die Memorialinschrift – bestehend aus einer Kupferplatte – enthält. Über der Mittelzone folgt eine skulptural gestaltete Bekrönung. Auf dem Architrav sitzt ein Engel mit Kelch und Kreuz in den Händen, wohl eine Allegorie des Glaubens. Auch auf den seitlichen Giebelansätzen sitzen Engel. In der Mitte enthält der Giebelaufsatz eine Gloriole mit dem hebräischen Gottesnamen, dem Tetragramm. Über Wolken und Strahlen erhebt sich ein Engelskopf mit Krone. Die Mittelzone wird von durchbrochenen Seitenwangen einfasst. Dort erheben sich auf Konsolen zwei weitere Engel. Der rechte Engel trägt eine Säule. Hier dürfte es sich um die Geißelsäule handeln.

Johann Christian Körner stammte aus Schlesien, genauer aus Schmiedeberg (Kowary), wo er 1658 geboren wurde. Er wanderte nach Zittau ein und heiratete 1683 Anna Dorothea Möller (26. Dezember 1654 – 30. November 1729), die Tochter des Ratsherrn und Stadtrichters Markus Möller. Er wurde Ratsmitglied und Verwalter des Jakobs-Hospitals und starb am 8. Dezember 1712. Johann Christian Körner besaß einen Bierhof Am Markt 15 sowie Wiesengrundstücke auf der Viehweide und einen Obstgarten in der Drehgasse.

Epitaph für Johann Christian Körner, 1729

Gemeinsam mit der Ev.-Luth. Kirchgemeinde St. Johannis entstanden kurze Filme zu den Epitaphien. Es wirkten mit Pfarrer Ansger Schmidt (Religion), Dr. Peter Knüvener (Kunstgeschichte) und Kersten Kühne (Familiengeschichte).

Die Staatskapelle Dresden besuchte im Rahmen von "So geht Sächsisch" das Museum, genauer in der Klosterkirche. Ein Ort, der sich wie kaum ein anderer eignet für die "Bilder einer Ausstellung". Im beeindruckenden Setting des Kulturhistorischen Museums Franziskanerkloster Zittau spielte die Staatskapelle Dresden einen Auszug aus Mussorgskis weltbekanntem Werk. Untermalt mit Bildern des Oybin und aus der Stadt, schuf Philipp Herfort Photography einen Film, der eine wohlige Gänsehaut verschafft: ein Genuss für Augen und Ohren.