Stellungnahme der Stadtverwaltung
Gestern, am 23.02.2025, veröffentlichten zwei Stadträte der AfD (Herr Figula und Herr Kern) ein Video in den Sozialen Medien. In dem Video werden Begriffe wie „Wahlzettel“, „Wahlbeteiligungszettel“ und „Wahlscheine“ unpräzise und z.T. falsch verwendet. Gleichzeitig wurde problematisiert, dass der Wahlvorstand einen „Bleistift“ und „Kopien“ benutzt. Weiterhin ist diffus von „Urkunden“ die Rede und zudem berichten die genannten Stadträte davon, dass sie die Polizei informiert haben. Das Video legt nahe oder stellt die Möglichkeit in den Raum, dass der Wahlvorstand das Wahlergebnis manipulieren könnte, etwa in dem Hr. Kern sagt: „Es stinkt, es stinkt, es stinkt!“ und dazu aufgerufen wird, zur Auszählung des Wahlvorstandes zu kommen.
Hier müssen zunächst Begriffe klar definiert werden, um sodann auf den Anscheinsvorwurf einzugehen. Folgende Begriffe sind für den Wahlablauf wichtig:
- Wählerverzeichnis
Dort sind alle Wahlberechtigten des Wahlbezirks eingetragen. Ggf. ist bei Wahlberechtigten ein Sperrvermerk gesetzt, sofern diese Briefwahlunterlagen beantragt haben. Dort wird die Stimmabgabe von Urnenwählern via Stimmabgabevermerk erfasst.
Jeder Wahlvorstand erhält zwei Wählerverzeichnisse. Eines wird durch die Stadt – nicht durch den Wahlvorstand – beurkundet (gesiegelt und unterschrieben), das andere ist eine Kopie. Die Kopie liegt bei der Stimmzettelausgabe und das beurkundete Verzeichnis liegt bei der Wahlurne.
Im Wählerverzeichnis wird zwingend an der Wahlurne bei Einwurf des Stimmzettels in die Wahlurne ein „Stimmabgabevermerk“ gesetzt. Optional kann dieser Vermerk auch bei der Stimmzettelausgabe erfolgen. - Wahlschein
Ein Wahlschein bekommt ein Wähler auf Antrag ausgestellt, sofern dieser die Briefwahl nutzen oder in einem anderen Wahllokal am Wahltag mit Wahlschein wählen möchte. Wählt ein Wähler mit Wahlschein hat er diesen handschriftlich zu unterschreiben und gibt dort eine eidesstattliche Versicherung ab. - „Wahlbeteiligungszettel“
Der Stadtverwaltung Zittau erschließt sich nicht, was damit gemeint sein könnte.
Anhand dieser definierten Begriffe ist es nicht einfach, präzise zu benennen, worin der zentrale Vorwurf bestehen könnte. Vermutlich bezieht er sich darauf, dass der Wahlvorstand den Stimmabgabevermerk mit Bleistift gesetzt hat. Daran ist nichts skandalös. Gemäß § 56 Abs. 4 S. 3 Bundeswahlordnung (BWO) hat der Schriftführer die Stimmabgabe im Wählerverzeichnis in der dafür bestimmten Spalte zu vermerken. Eine Formvorgabe (Bleistift, Kugelschreiber, Füller etc.) macht die BWO nicht. Von Relevanz für das Wahlergebnis sind allein die ausgefüllten Stimmzettel.
Was mit Blick auf die Rechtslage dem Wahlvorstand konkret vorzuwerfen wäre, erschließt sich der Stadtverwaltung nicht. Ergänzend sei Folgendes hinzugefügt:
- Die Stadträte Kern und Figuala sind ggü. dem Wahlvorstand (aus deren Perspektive) sehr „fordernd“ aufgetreten, sodass sich dieser im Laufe des Vormittags mehrmals an die Wahlleitung (Dr. Zips) telefonisch gewendet hat.
- Fast parallel dazu hat sich Stadtrat Domsgen an die Wahlleitung (Dr. Zips) mit demselben Anliegen telefonisch gewandt. Ihm wurde auch mit Verweis auf § 56 Abs. 4 S. 3 BWO die Sachlage erläutert.
- Die Stadtverwaltung und die Wahlvorstände haben ein hohes Interesse an einer geordneten und ruhigen Wahl. Entsprechend wurde mit dem Wahlvorstand vereinbart, dass dieser zum Stimmabgabevermerk fortfolgend einen Kugelschreiber benutzt, damit sich der Wahlvorstand dem eigentlichen Wahlgeschäft konzentriert zuwenden kann und sich nicht mit gegenstandslosen Vermutungen (weiter) beschäftigen muss.
- Die von Hr. Figula informierte Polizei hat das Wahllokal aufgesucht, konnte jedoch keinen Wahlbetrug feststellen.
- Aufgrund des Aufrufs zur Beobachtung der Auszählung waren die Gemeindewahlleitung (Dr. Zips) sowie zwei Polizeikräfte (für ca. 1 hbis 1,5 h) zur Auszählung im Wahllokal.
- Ebenso waren zur Auszählung einige Wahlbeobachter im Wahllokal (darunter auch die AfD-Stadträte Kern und Fiedler).
- Wahlbetrug oder auch nur ein entsprechender Versuch konnten nicht festgestellt werden.
Die Gemeindewahlleitung führt die Wahlhelferschulungen durch. Die Schulungen richten sich streng an den Vorgaben des Bundeswahlgesetzes und der Bundeswahlordnung aus. Mit Blick auf den oben angeführten § 56 Abs. 4 S. 3 BWO sind Anweisungen hinsichtlich der Schreibgeräte zur Führung der Stimmabgabevermerke kein Bestandteil der Schulungen.
Generell ist der Wahltag – abgesehen von dem hier betrachteten Sachverhalt – ruhig und geordnet abgelaufen. Verstöße gegen das Wahlrecht konnten seitens der Stadtverwaltung nicht festgestellt werden.
Ärgerlich ist, dass derart haltlose und diffuse Vorträge die Motivation zur ehrenamtlichen Mitwirkung in Wahlvorständen auf Dauer mindert.
Diese Stellungnahme erging in dieser Form auf Anfrage an die Sächsische Zeitung Lokalredaktion Oberlausitz.